hans-jürgen slusallek
davon bin ich fest überzeugt. ich möchte allerdings eine einschränkung machen: dies gilt nur für die graphit-zeichnun. gen. ich habe knifer bei der arbeit an skizzen beobachtet. er fängt an zu zeichnen, merkt, daß er mit dem platz nicht auskommt und nimmt ein neues stück papier. dabei erkennt er, daß er viel weiter links anfangen muß und malt die nächste skizze. ich glaube, daran merkt man: er hat kein bild im kopf, das er malen will. sondern der prozeß des skizzierens fängt irgendwo an und hört wieder auf. er versucht zwar, etwas auf dem blatt zu plazieren. und er schafft das nie. das ist der eindruck von den skizzen, von den paar, die wir haben – die sitzen so verkehrt auf dem papier, daß man immer denkt: gut, das papier ist eigentlich das unwichtigste. es hätte eine wand sein können. da fängt eigentlich schon ein widerspruch an: daß er auf ein papier malt, anstatt an der küste in den sand zu malen. da wäre es, glaube ich, richtig angebracht, weil da links und rechts die unendlichkeit ist. und dann ist es egal. da es aber auf dem papier ist, liegt es immer schief. ich glaube, die skizzen bedeuten für knifer gar nicht so sehr viel. es sind keine vorarbeiten für graphit-zeichnungen oder bilder, sondern sie sind genauso unbeholfen, irgendwo 'reingesetzt, wie sie auch aufhören. ich glaube, wenn er dasselbe als graphit-zeichnung oder als bild macht, steht er wieder genau vor demselben problem. durch die skizze wurde nichts gelöst... und wenn es überhaupt etwas erotisches gibt, irgendetwas, was einen ein leben lang fesseln könnte, dann ist das nur in den zeichnungen. ich glaube, in den zeichnungen ist das wirklich knifer. die bilder sind ein kompromiß, damit er mit galerien zusammenarbeiten kann. damit er in den strukturen, in denen heute künstler existieren müssen, überhaupt existieren kann. das ist wirklich etwas ihm abverlangtes. und ich glaube, deswegen hat er auch so große schwierigkeiten mit bildern. die graphit-zeichnungen dagegen sind in sein leben eingebettet. da kann er, während er hausmann ist und für seine frau nada das essen vorbereitet, zwischendurch weitermalen und vergessen und auch nicht vergessen. es fließt alles ein. hingegen muß er bei den großen bildern irgendwo hinfahren – die kann er eben nicht bei sich malen. vorbereitungen sind erforderlich, technik muß angewendet werden. alles muß richtig zielgerichtet ablaufen. ich glaube, hier fangen die schwierigkeiten an, die mit dem heutigen kulturprozeß zusammenhängen. als künstler muß man mit einer galerie zusammenarbeiten, die informiert werden muss, wenn eine ausstellung geplant ist; so und so viele arbeiten müssen fertig sein, man muß die irgendwie plazieren können. alles, was da an logistikfragen auftaucht, hängt damit zusammen. und deswegen müssen bilder her, die müssen produziert werden. aber das sind nun absolut keine knifer. ich finde sie zwar interessant, einfach als form, aber nur, indem ich mir immer wieder die graphit-zeichnung vorstelle. die graphit-zeichnung ist dann das leben für so ein bild. das bild selber, meine ich, hat kein direktes leben. genau das ist der punkt, an dem eventuell ware produziert wird. wohingegen die zeichnungen nie ware werden könnten. sie entstehen so langsam. sie sind so ohne entwicklung. es gibt nicht viele kunden, die dreißig jahre warten würden, um wie der einmal eine zeichnung zu bekommen. in der zwischenzeit würde alles in vergessenheit geraten. das heißt, damit könnte man nie eine galeriepolitik betreiben. die paar zeichnungen, die es gibt, wären im nu verkauft – und dann wäre das phänomen zuende. da, an dieser stelle, setzen auch die bilder ein. die bilder sind der markt. die graphit-zeichnungen sind knifers leben. die graphit-zeichnung ist der eigentliche knifer.